Familienausflug in die Ötschergräben
Oh, oh, dieser Spruch…Wer einen Tripp ins Grüne plant, dem sei gesagt: Präge dir davor genauestens die Route ein und falls du wie wir Hinterländler kein Navi oder Smartphone besitzt, dann gehe bestenfalls die Anfahrt auf der Landkarte durch. Mein ganz individuelles Navigationssystem hat uns einst durch die Straßen Palermos gelotst. Und das, ohne dass ich davor eine Minute zu viel an der Landkarte klebte. Alles kein Problem. Dank meines offensichtlich gut ausgeprägten Orientierungssinnes war es mir immer ein leichtes Unterfangen, mir Punkte, Straßen und Häuserfronten visuell einzuprägen.
Nach dem heutigen Tag wurde ich eines Besseren belehrt: mein Navisystem ist in Rente. Und das mit 34! Alles dahin!
Konnten wir es heute in der Früh nicht mehr erwarten, uns allzu flott in das Auto zu begeben, um endlich mal wieder weg von zu Hause unserer Wanderleidenschaft zu frönen, waren wir nach 2 Stunden…ja, wenn wir das wüßten wo!
Wohin sollte es nochmal genau gehen? Wo war nur schnell der Eingang zu den hinteren Ötscher Tormäuern? Oder waren es doch die Vorderen?
War es Wienerbruck oder doch gar Puchenstuben? Aber warum gibt es dann keinen einzigen Wegweiser dorthin? Ja, die dasind Schuld! Sind wir überhaupt noch im Ötschergebiet? Ortsnamen, die plötzlich so fremd klangen, als hätte man sie noch nie gehört. Planlosigkeit untermauert von Kinderliedern vom CD Player im Hintergrund und hie und da ein Regenguß. Ein kleiner Trost nebenbei: wir hatten alle Regenjacken mit.
So hatten wir uns das dennoch nicht vorgestellt. Mittag rückte unweigerlich näher und wir wurden nicht müde, uns gegenseitig zu erfragen, wo wir denn eigentlich hin mußten. Die Tonart mutierte von lustig-fröhlich hin zu griesgrämigem Ernst. Gepaar mit einem subtilen Unterton á la “Hast du nicht gesagt, dukennst die Route?”
Ja, klar, kenn ich die Route! Habe ich vor der Abfahrt felsenfest darauf beharrt, ich kenne mich aus, “wenn ich in der Gegend bin”. Immerhin kenn ich die Ötschergräben ja schon im Schlaf. Das Fräulein (das nach gefühlten 5 Minuten Fahrtzeit Taktgefühl bewies, indem sie rhythmisch im O-Ton fragte: “Wann sind wir endlich da-a?” war inzwischen müde und jammerte nun deswegen weiter.
Ja, einen Familienausflug stellt man sich so nichtvor.
Wie es weiterging? Wir resignierten. Nachdem wir etliche Male die falsche Route nahmen und durch das monotone bergauf bergab Kurve links Kurve rechts beim verstimmten Herrn W. Übelkeit aufkam und meine Hoffungslosigkeit dahinschwand, je den richtigen Eingang zu den Tormäuern zu finden, bogen wir flugs in Treffling ein. Ein Wegweiser lotste uns zum Trefflingfall,
der durch seine momentanen frühlingshaften Wassermassen atemberaubender nicht sein kann.
Dort waren wir wahrlich noch nie gewesen. Sepp schon. Die stundenlange Autofahrt hatte sich also doch gelohnt und wir waren angesichts des glasklaren türkisfarbenen Bergwassers, des nach Bärlauch riechenden grün leuchtenden Waldes und der atemberaubenden Stege in schwindelerregenden Höhen über den Trefflingfall wieder guter Laune. Auch wenn Hund und anfänglich Leidgeplagte die ersten Müdigkeitserscheinungen zeigten.
Die enorme Luftfeutigkeit und das kühle Nass der Regengüsse kurbelten unseren Kreislauf an. Wir strotzten nur so von Energie, als wir den Wasserfall hinunter und oftmals in tiefemMatsch wieder hinauf wanderten. Tina im Bach? Nein, mitten am Weg!