Tina Traismauer
Mein Interview mit Katharina, Logopädin von Lautwerk
Heute spreche ich mit Katharina, der Logopädin von Lautwerk. Ihr erfahrt nicht nur Wissenswertes über die Logopädie, sondern auch, warum der spielerische Charakter und der Beziehungsaufbau so eng mit der Therapie verknüpft sind.
Logopädie.
Ein Blick ins Lexikon verrät mir:
Logopädinnen/Logopäden sind in der Untersuchung, der Diagnose, der Therapie sowie der Prävention, der Beratung und der Förderung bzw. wissenschaftlichen Erforschung von menschlichen Kommunikationsstörungen im verbalen und nonverbalen Bereich und den damit in Zusammenhang stehenden Störungen und Behinderungen tätig.
Theorie schön und gut (leider nicht immer), aber wie sieht eigentlich die Praxis der Logopädie aus? Bzw. wie kann sie aussehen?
Ich hatte ein bestimmtes Bild im Kopf über diese besondere Therapieform. Zweifelsohne ein sehr veraltertes, das meine Sicht auf den sprachlichen Erwerb jahrzehntelang prägte.
Eines, in dem ein Kind wie in der Schule vor der Therapeutin sitzt und repetitiv Grammatik, Aussprache, und eben alles was mit "Defiziten" oder wie im Fachjargon gebräuchlich "Störungen" im Bereich sprachlicher Erwerb zu tun hat, trainiert. Diese Vorstellung steht konträr zu all dem, wie ich Logopädie in letzter Zeit erfahren durfte.
Dieses imaginäre Bild hat sich in mein Verständnis eingegraben. Zeit, es nun endlich zu erneuern! Ersetzen wir es einfach durch ein positives, menschenfreundliches und kindgerechtes. Weg von starren Mustern, hin zu einer offenen, spielerischen und dynamischem Therapieform, die unendlich viele Facetten aufzeigt und sehr komplex wirkt, zumindest für mich als Außenstehende. Denn hier dreht es sich um Beziehung und Verbindungen, und nicht nur darum, ein Defizit gleich einem Lehrer-Schülerverhältnis zu korrigieren. Dafür kann Logopädie viel zu vielschichtig, tiefgreifend und nachhaltig sein.
Bei den Therapien mit Katharina, der Logopädin von Lautwerk aus Traismauer in Niederösterreich, war ich mit dabei und konnte sowohl ihre fachliche Kompetenz als auch ihre wertfreien Umgang aus meiner elterliche Sicht hautnah miterleben. Dies hat mir abseits von meinen bisherigen Vorstellungen dazu verholfen, zu erkennen, dass es neue, fortschrittliche Wege in der Logopädie gibt,. Und diese sind sowohl für Kinder als auch für Erwachsene sehr positiv besetzt. Das Zusehen der Therapieeinheiten ohne elterliche Intervention und ohne jegliche Motivation oder sogar Korrektur des Verhaltens hat mich enorm bereichert und mich wieder dazu aufgerufen, mehr Ruhe und Gelassenheit in meinen Familienalltag zu integrieren. Für mich als jahrelange begeisterte Spielraum-Mama war das ja schon immer eine hochgeschätzte Idee gewesen.
Aber seht selbst! In meinem Interview mit Katharina von Lautwerk könnt ihr euch selbst einen Eindruck in ihre wertvolle Tätigkeit verschaffen:
Was hat dich dazu bewogen, den Beruf „Logopädin“ zu ergreifen?
Bevor ich Logopädie studiert habe, war ich als Kindergartenpädagogin tätig. Damals wurde mein Wunsch individueller auf die einzelnen Kindern und deren Eltern eingehen zu können immer größer. Da mich vor allem die sprachlichen und musikalischen Angebote begeisterten und die Kinder diese Freude spürten, führte eins zum anderen.
Was ist so besonders an der Arbeit mit Kindern?
Ich bin immer wieder dankbar dabei sein zu können, wenn Kinder die Welt entdecken und erforschen. Diese Euphorie, diese Begeisterungsfähigkeit und Hingabe. In der Therapie geht es oftmals auch darum diese Eigenschaften wieder zum Vorschein zu bringen, wenn sie durch übergestülpte Verhaltensweisen und projizierte Sorgen und Ängste verschüttet wurden. Unbewusst natürlich. Kinder stehen am Anfang ihres Lebens und die Sprachentwicklung hat maßgeblichen Einfluss auf ihre schulische Laufbahn und die spätere Berufswelt. Darauf Einfluss nehmen zu können ist unglaublich erfüllend.
Der erste Schritt, die Kontaktaufnahme mit der Logopädin, stellt oft ein Hindernis für Eltern dar. Warum ist es aus deiner Sicht wichtig, im Bedarfsfall Unterstützung durch eine Logopädin zu holen?
Das Organisieren der Verordnung und die langen Wartelisten der Logopäden und Logopädinnen sind ein großes Hindernis. Oder aber der gut gemeinte Satz, dass es sich auswachsen würde. Eltern kennen ihre Kinder am besten und vergleichen natürlich. Besteht die Sorge, dass die Sprachentwicklung abweicht oder hinterherhinkt ist eine Abklärung sinnvoll.
Dadurch gewinnt man auf ganzer Linie. Zum einen Zeit, falls Therapie notwendig ist und zum anderen kehrt wieder Gelassenheit ein, wenn die Sprachentwicklung physiologisch verläuft. Wird nicht abgeklärt, versteift die Zeit und die Sorge bleibt und damit schleichen sich IMMER unbewusste ungünstige Verhaltensweisen seitens der Eltern ein.
Mit einer Metapher ausgedrückt: Ein kleiner Brand löscht sich schneller als ein großer. Hinkt die Sprachentwicklung stark hinterher, so schleichen sich Ausgleichsstrategien ein, die zu einer negativen Abwärtsspirale führen.
Welche Ansätze sind dir in deiner Praxis besonders wichtig? Was ist deine wichtigste Grundlage für eine Zusammenarbeit?
Das Allerwichtigste ist der Beziehungsaufbau. Kind und Eltern sollen sich wohl und angenommen fühlen. Ihre Fragen sollen gänzlich geklärt werden, sodass mir gegenüber eine vertraute Einstellung entsteht. Ebenso wichtig ist mir, dass das Kind der Therapie zustimmt. Die Methoden werden immer in Absprache ausgewählt. Grundsätzlich ist mir ein kindgerechtes und entwicklungsphysiologisches Vorgehen wichtig.
Manche Eltern betreten Neuland. Was ist für Eltern besonders wichtig über die Therapie zu wissen?
Eltern kennen ihre Kinder am besten und verbringen viel Zeit mit ihnen. Meine Zeit hingegen ist sehr begrenzt, und daher bin ich auf die Unterstützung angewiesen. Sobald die Eltern die therapeutischen Maßnahmen auf das häusliche Umfeld ausbauen, können sehr schnell sehr große Fortschritte erzielt werden. Der Einbau im Alltag ist mir dabei ein großes Anliegen, denn Sprache lernt man am besten im Tun und weniger beim Tisch.
In der Arbeit mit Kindern ist offensichtlich, dass du einen sehr kreativen Zugang lebst. Es fällt dir sichtlich leicht, sich auf das Spiel einzulassen. Gelingt dir das immer so gut?
Das freut mich zu hören. Für eine Antwort möchte ich etwas ausholen. Im Spiel fühlen sich Kinder wohl und können ihren Interessen nachgehen, sodass sie das angebotene Wissen wie Schwämme aufsaugen. Meine Aufgabe sehe ich darin diagnostisch zu ermitteln, was ein Kind braucht, um sprachlich voranzuschreiten. Mit einer genauen Zielsetzung passe ich dann mein sprachliches Angebot und die Übungen an. Das bedeutet, dass das Kind die Spielsettings auswählt und ich meine Übungen und den Input einbaue. Manchmal ist dies sehr einfach und manchmal verlangt es mir viel Konzentration und Fantasie ab. Ich bin davon überzeugt, dass diese Vorgehensweise kindgerecht ist und meine Erfahrung zeigt, dass sie zudem effektiv ist.
Wann kann man von einer „erfolgreichen“ Therapie sprechen ?
Vor jeder Therapie findet eine Diagnostik statt. In dieser Phase ermittle ich anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse und mithilfe unterschiedlicher Diagnostikverfahren den sprachlichen Status. Dabei erwächst in mir ein logopädisches Ziel, das ich durch therapeutische Maßnahmen zu erreichen versuche. Sobald Schritte in diese Richtung erkennbar sind oder dieses Ziel erreicht wird, ist aus meiner Sicht von einem Erfolg zu sprechen.
Warum sind Bücher so wichtig für die Entwicklung von Kindern? Wie kann ich ein „lesefaules“ Kind für das Bücherlesen motivieren?
Vor kurzem habe ich erfahren, dass ein Kind, dem täglich fünf Bilderbücher vorgelesen werden, schätzungsweise 1,4 Mio Wörter mehr zu hören bekommt, als ein Kind, dem nicht vorgelesen wird. Das fördert die Sprachentwicklung und zudem auch die Konzentration und Merkfähigkeit. Diese gemeinsame Zeit legt zudem den Grundstein für das spätere Leseverhalten. Ist das Interesse beschränkt, dann liegt es oftmals an der Auswahl oder dem Setting. Auf meiner Homepage kann dazu ein Heftchen heruntergeladen werden. Darin habe ich Buchempfehlungen aufgelistet.
Greifst du auch Anregungen aus deinen Therapien auf, wenn du mit deiner Tochter Zeit verbringst?
Ja definitiv. Es stellt mich immer wieder vor eine Herausforderung den Therapie- und Pädagogikrucksack abzulegen und einfach Mama zu sein. Kein Vorteil ohne Nachteil. Natürlich profitiert sie davon, aber nicht nur.
Du bist ja selbst Mama einer Tochter. Wie gelingt es dir, die Balance zwischen Familie und Arbeit aufrechtzuerhalten? Was ist dir dabei wichtig?
"In Balance" bedeutet für mich, frühzeitig zu erkennen sobald an einer Stelle zu viel und an anderer Stelle zu wenig Zuwendung stattfindet. Es gibt intensive Zeiten an denen ich in der Praxis untertauche und recherchiere oder kreiere. Und Zeiten, in denen ich viel Zeit im Garten und mit meiner Familie verbringe. Die Freiheit, nach meinen Interessen vorzugehen, und die freie Zeiteinteilung durch die räumliche Nähe der Praxis zum Wohnhaus ermöglicht mir ebenso einen gewisse innere Balance. Ich genieße es jederzeit in der Praxis verschwinden zu können sobald mein Wissensdurst groß ist, und ich recherchieren und kreieren möchte. Es ist aber auch wunderschön zwischendurch ins Wohnhaus zu huschen.
In den letzten Jahren habe ich für mich festgestellt, dass folgende Punkte ausschlaggebend für meine innere Ausgeglichenheit sind:
- Geht es mir selbst gut, kann ich dieses Gefühl authentisch an meine Familie und mein Umfeld weitergeben.
- Gut geht es mir, wenn ich Arbeit, Zeit mit meiner Familie und Me-Time zeitlich ausgeglichen aufteile.
- Konkret bedeutet das, dass ich nur eine gewisse Anzahl an Patienten und Patientinnen pro Woche betreue, damit die Qualität stimmt, und ich so meine Begeisterung für die Logopädie erhalte. Ich habe auch von Anfang an darauf geachtet, meine Tochter nicht nur alleine zu betreuen, denn ich bin eine „bessere“ Mama, wenn ich auch Zeit für mich habe.
Danke, liebe Katharina für das informative und spannende Interview!