Rund ums Mamasein und das Rabenmutter Image

Ich setze mich kritisch mit dem Klischee des Frauseins und des Rabenmutter-Images auseinander. In dem heutigen Beitrag könnt ihr meine Gedanken nachlesen.

Die Suche nach dem Glück

Im Alltag passiert es uns oft, dass wir gedankenverloren die Umwelt um uns herum wahrnehmen (wenn wir das überhaupt so richtig mit all unseren Sinnen tun) und zwischen Vergangenheit und Zukunft hin-und her pendeln. Im „Jetzt“ zu sein ist ein Meisterstück in unserer schnelllebigen Welt. Wir sehnen zwar verbissen die Glücksmomente herbei, aber uns ist nicht bewusst, dass durch das krampfhafte Fokussieren auf das  Schöne uns ja eigentlich des Moments beraubt. Während wir das Glück sogar versuchen, im Voraus zu planen wie einen Urlaub, entgeht uns das eigentliche Leben mit all seinen klitzekleinen Momenten, die uns aufatmen lassen. Momente der Spontanität, die uns Hoffnung schenken und uns den eigentlichen, wahren Glücksmoment bescheren.

 Manchmal bin ich ein Kopfmenschen. Aber auch bin ich ein Gefühlsmensch durch und durch. Jedoch lässt der Alltag mich immer mehr in den unliebsamen und vor allem kräfteraubenden Einheitsbrei von Verpflichtungen, To-Do-Listen und einem Leben mit „Programmcharakter“ abdriften. An manchen Tagen dreht sich meine Gedankenwelt um Nichtssagendes, denn die Praxis hat Vorrang, so denkt man oft.  Wann werde ich den Wäscheberg endlich Herr (äh Dame) werden? Was habe ich noch alles zu besorgen nachdem ich die Kinder in den Kindergarten gebracht habe? Wann ist nochmal die Mathe-Schularbeit des Kindes? Fragezeichen über Fragezeichen, bis dann ein monströses Fragezeichen aufpoppt: Was koche ich heute zu Mittag? Aber wie gesagt: eigentlich gibt es Wichtigeres im Leben. Und das sitzt tiefer, und um zu diesem bedeutungsvollen Etwas zu gelangen, erfordert es Abstand zum Alltäglichen.

Stark sein

Gefangen im Alltagstrott. Ihr wisst, typisches Mamaleiden eben. Kaum haben wir einen Gedanken zu Ende gesponnen, kommt der nächste bereits in schwindelerregendem Tempo angaloppiert. Sozusagen eine „Never-Ending Story“, die einer Sisyphusarbeit gleicht. Wir sind stark, und beginnen unsere Arbeit wieder von vorne. Und da taucht plötzlich ein inneres Bild in Schwarz-Weiß, oder besser in Sepia, auf. Von Trümmerfrauen, die gemeinsam, mit vereinten Kräften, und doch jede für sich, ihr Schicksal in Kauf nehmen und das Beste daraus machen. Kein Vergleich zum heutigen „Frausein“, wird die eine oder andere verlautbaren lassen. Keine Zeit, um sich den eigenen Befindlichkeiten zu widmen. In harten Zeiten reduziert sich das Leben auf ein Minimum, um wie von selbst Kräfte zu sparen, um sprichwörtlich nicht zu verhungern, am Leben zu bleiben.  Fakt ist dennoch, dass dem Frausein eine Geschichte zugrundeliegt, die teils erschüttert, teils befremdlich erscheint. Und dann stelle ich mir die Frage: 

Haben wir uns von dem alten Klischee von Frausein schon verabschiedet? 

Meine Antwort würde ganz klar lauten: Nein. Auch in der heutigen Zeit lebt der Anteil in uns weiter, der von dem gesellschaftlichen Anspruch genährt wird. Der die vielfältigen Aufgaben und Verpflichtungen einer Frau selbstverständlich erscheinen lässt und der besagt: Eine Frau muss stark sein.

So trotzen wir den Herausforderungen und allem, gemäß „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.“ Aber was ist, wenn wir uns einmal mit unserer „schwachen“ Seite auseinandersetzen? Müssen wir unbedingt die dem Multitasking befangenen Alleskönnerinnen sein bzw. wem gilt es, etwas zu beweisen? Oder bin ich letzten Endes diejenige, die den Anspruch an sich selbst stellt, sich permanent unter Beweis stellen zu müssen?

Ich möchte mir etwas beweisen. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht das schaffe, was viele Generationen vor mir auch schon geschafft haben

Ich bin mir dessen bewusst, dass ich manchmal nur eine Rolle im Spiel des Lebens spiele. Dann zweifle ich meine Authentizität an, und schon wieder in ich im Dilemma der Seltbstgeißelung gefangen. Sich selbst zu verurteilen setzt enorm unter Druck. Es beraubt uns unserer Kräfte, die wir im Alltag mit unseren Kindern dringend benötigen, und es macht müde. Nach der Müdigkeit folgt das Ausgelaugtsein und irgendwann zweifeln wir sogar an unserem „Muttersein“. Bin ich dafür eigentlich geschaffen? Warum kriege ich es nicht auf die Reihe, dass die Kinder nicht unentwegt streiten, und ich viel gelassener und aufmerksamer mit ihnen umgehe?

Und das genau ist es, was das Umfeld, die Gesellschaft von mir erwartet.

Rabenmütter

Keine Frage, auf uns lastet das Image der „Rabenmütter“. Das ist nicht nur Fakt, sondern hat auch Tradition.  Entsprechen wir nicht dem veralterten, Klischee einer sich selbstlosen, bis zur aufopfernden, immer lieben und unerschöpflichen, verständnisvollen und empathischen Mutter, sind wir die Raben.

Ich recherchiere nach dem Begriff „Rabenmutter“. Ein im ursprünglichen Sinne herabwürdigendes Schimpfort, das seit sage und schreibe 1350 alle möglichen geschichtlichen Epochen durchwanderte und nur eines im Sinn hatte:

Mütter abzuwerten

Mutterschaft wird generalisiert, an allem Abweichenden von der Norm wird Kritik geübt und tabuisiert, was auch mit dem religiösen Kontext dieser Zeit einhergeht.

Im eigentlichen Sinne geht der Ausdruck der „Rabenmutter“ auf die oberflächlichen Beobachtungen in der Natur zurück. Rabenküken gelten als Nesthocker. Demzufolge verlassen sie noch nicht flugbereit das Nest. Sie wirken schwach, unbeholfen und noch nicht „reif“ für die Umwelt und die vielen Gefahren, die darin lauern. Dies läßt den Trugschluss zu: Die jungen Raben sind zur Gänze auf sich allein gestellt und werden von den Rabeneltern ganz sich selbst überlassen. Was für egoistische Rabeneltern!

Dabei wird bei Unkundigen, die sich auf ein rein auf der Beobachtung basierende Annahmen stützen, die Tatsache negiert, dass Rabenjungen aus eigenem Antrieb heraus noch vor Erlangen der Flugfähigkeit das Nest verlassen. Typisch Nesthocker eben. Der Plan der Natur ist oft unergründlich.

VogelkundlerInnen haben mit den Jahren herausgefunden , dass die Brutpflege der Rabeneltern ein herausragendes Paradebeispiel für aufopfernde Brutpflege im Naturreich ist.

Denn Rabeneltern (sowohl Weibachen als auch Männchen) sind sehr fürsorgliche, hochintelligente Tiere, die ihre Jungen vor Gefahren wie Feinden warnen und sie auch nach dem Verlassen des Nestes behüten. Die Bindung der Kolkrabeneltern hat ein Leben lang Beständigkeit. Fakt ist: sie sind an Verantwortungsbewusstsein und aufopfernde Fürsorge und Pflege nicht zu übertreffen.

Wenn Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, verleih' ihnen Flügel.

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)

Weg vom Image!

Die Realität sieht so aus, dass das Rabenweibchen ihre bis zu sechs Jungen nach der Brutzeit, sobald sie den Horst noch nackt und blind verlassen, wärmt. Über bis zu 3 Wochen hinweg trägt das Männchen rund um die Uhr Futter heran, das von der Rabenmutter zerkleinert an die Rabenjungen verfüttert wird. Erst danach frisst die Mutter selbst, während das Männchen das Nest von Kot befreit. Wenn die Jungen nach wenigen Wochen ausfliegen, werden sie weiterhin vom Familienverband versorgt. In den Monaten lernen sie, sie selbständig nach Nahrung zu suchen und achtsam gegenüber Gefahren zu sein. Erst danach werden sie von den Eltern verlassen. Hierbei kann es bei Beobachten zu dem altbekannten Trugschluss führen, dass Rabenjungen auf sich allein gestellt sind. Denn es kommt im Zuge der Selbstständigkeitsphase mitunter vor, dass bequeme Jungen in gewohnter Manier die Eltern um Nahrung anbetteln. Diese wiederum reduzieren in weiser Absicht nach und nach ihre Unterstützung und ihr ablehnendes Verhalten verunsicherte bereits die Generationen vor uns. Mag sein, dass diese, unsere „menschliche“ Auslegung für Zündstoff gesorgt und eine derart negative Zuschreibung zur Folge hatte.

Betrachten wir das Thema nun ganzheitlich, mit dem Bewusstsein, dass dem Verhalten der Rabeneltern instinktives, hochintelligentes Wissen zugrunde liegt, dann sehen wir vieles mit anderen Augen.

Und vielleicht wird in uns der Gedanke wach, dass wir aus dem Tierreich noch so einiges lernen können. 

 

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Über Mich

Tina

Ich bin Tina, naturliebende und kreative 3-fach Mama aus Niederösterreich. Ich blogge seit 2009 mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Green Lifestyle. Authentische, natürliche Momente des Familienlebens dokumentarisch und detailverliebt festzuhalten ist meine Devise! Mein Lieblingsmotto lautet: Less is more!

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