Wir besuchen das Stift Dürnstein
Dürnstein gilt zu Recht als Perle der Wachau.Das einprägsame Wahrzeichen, der blaue Glockenturm und die malerischen Gassen verströmen einen ganz besonderen Flair. Der Ausflug auf die Ruine, ins geschichtsträchtige Stift inmitten der idyllischen Ortschaft, umgeben von Marillenbäumen und Weingärten, die sich am Fuße der Donau über die Hänge der Ruine empor schlängeln, zählen zu meinen Kindheitserinnerungen und sind immer einen Besuch wert.
Lust auf eine Entdeckungsreise durch verträumte Gässchen entlang der uralten Stadtmauer, an dessen Seite den Weg weist und vor dessen hölzernen Toren Heurigenbuschen prangern und sich Weinreben ranken? Das Highlight unseres heutigen Ausfluges bildet heute die Familienführung im Stift Dürnstein, denn wir wollen unseren Kindern Dürnstein von einer ganz besonderen Seite näherbringen. Spannend, interessant und wissenswert!
Ein lauer Tag im September. Sonntag. Familientag. Mit unserem alten VW Bus erforschen wir ansonsten gerne die Natur, Weingärten, Wiesen und Felder, aber heute haben wir etwas ganz Besonderes geplant.
Denn wir finden: Abwechslung tut immer gut, und wir begeben uns auf kulturelle Schatzsuche in der Region. Kunst und Kultur sind Themen, die beflügeln und sie geben Einblick in die Geschichte. Sie sind essentielle Grundbausteine für das Verständnis in der Welt, in der wir leben, und erklären, hinterfragen und lassen Vergangenes in neuem Licht erscheinen. Von besonderem Interesse der Kinder natürlich genau dann, wenn geschichtliche und kulturelle Themen kindgerecht aufbereitet werden, und der oder die Kulturvermittlerin eine Beziehung zu den Kindern aufbauen kann, sie gekonnt miteinbezieht, sie anspricht und ihr Interesse weckt. So profitieren auch wir Erwachsenen von dem etwas anderen Zugang zu den mitunter nicht einfachen Kapiteln der Vergangenheit, und wir entdecken uns dabei, wie wir gespannt und neugierig der Führung lauschen, da sie uns womöglich viel verständlicher als gewohnt erscheint.
Warum trägt der Turm gerade die Farbe Blau, und hatte er diese schon immer? Was sind eigentlich Putten und warum taucht hier immer wieder das Symbol des Blumenkorbs auf?
Fragen über Fragen, denen wir wohl ohne Führung nicht auf die Spur gekommen wären!
Die Turmuhr schlägt 12. Wir treffen uns im Stiftshof, umgeben von blühenden Oleandern vor geschichtsträchtiger Kulisse, allen voran dem weißen Stiftsportal, welches sich imposant und versehen mit zahlreichen Figuren und Ornamenten, von dem sich das in erdigen Tönen gehaltene Stiftsgebäude abhebt, emporhebt. Was es mit diesem kontrastreichen Farbenspiel auf sich hat, das werden wir in Kürze erfahren. Hell und dunkel, irdisches Leben versus Himmelreich, Gut versus Böse, diese Dichotomien werden uns durch das gesamte Stift begleiten.
Mit breitem Lächeln werden wir von der Kulturvermittlerin der Familienführung begrüßt. Ausgangspunkt ist einer der ältesten Teile des Stiftes, dem Brunnen, aus dessen Tiefe schillernde Münzen emporleuchten. Der Goldjunge ist todmüde, und eigentlich, so kommt uns in den Sinn, ja eigentlich müsste er schon längst im Träumeland schwelgen, wenn da nicht das unbekannte Terrain wäre, das es zu erforschen gibt, und wären da nicht die vielen Stimmen der Touristen, die fröhlich durch das Stift schweifen. Mittagsschlaf adé, willkommen Stift!
Um die Jahreszahlen und Epochen zu veranschaulichen und im wahrsten Sinne des Wortes “greifbarer” zu machen dient eine lange Perlenholzkette. Wir erfahren, was es mit der Gründerin Elsbeth von Kuenring auf sich hat, und wie aus dem einstigen Wirtschaftsgebäude und der Marienkapelle das imposante Stift erschaffen wurde, welches 300 Jahre später von Probst Hieronymus Uebelbacher vom ursprünglich gotischen in den barocken Stil umgebaut wurde.
Durch das Stiftsportal gelangen wir zum Stift, und machen Halt vor einem beeindruckenden vergoldeten Holzrelief, welches den Titel “die Sintflut” trägt. Der Vater des berühmten österreichischen Barockmalers Martin Johann Schmidt, auch bekannt unter dem Synonym Kremser Schmidt, hat es wie auch zahlreiche andere bedeutende Bildhauerarbeiten des Stifts, erschaffen. Absichtlich düster gehaltener Trakt versus durch Kuppeln hell erleuchteter, lichtdurchfluteter Haupttrakt. Die Intention des Bauherren wird hier augenscheinlich. Während der Goldjunge durch die Sitzbänke flitzt, widmen wir uns dem berühmten Gemälde der Heiligen Katharina, und erfahren, dass in einem der Glassärge der Heilige Augustinus seine letzte Ruhestätte fand.
Auf geht’s zur Bildersuche! Das Fräulein ist drauf und dran, Bilder von Malereien im Kreuzgang und in der darunterliegenden Krypta und den steinernen Grabnischen wiederzufinden. Die interaktive Suche führt uns vorbei an einem besonders einprägsamen Altar im Kreuzgang, der an eines dieser Vintage Pop-up Bücher erinnert, und in Form einer dreidimensionalen Theaterkulisse erschaffen wurde.
Die Stiftsterrasse. Eine imposante Plattform, auf Fels gebaut, einst strategisch wichtiger Aussichtspunkt der damaligen Schifffahrt, erstreckt sich über dem Stiftsgarten. Ein Highlight für den fahrzeugaffinen Goldjungen, der seinen Kopf fasziniert nach vorbeifahrenden Schiffen streckt, und auch für uns, die all die Details an Fassade und Turm inspizieren, und dank der Kulturvermittlerin die geschichtliche Hintergrundinfo dazu erhalten. Ein vergoldetes Flammenherz prangt inmitten zweier Putten, und hier ragt auch das Wahrzeichen, der symbolträchtige Glockenturm mit seinen Obelisken empor.
“Das hat mir voll gut gefallen!” so das Fräulein, das mit einem Stifteetui in einer Hand, und in der anderen ein kleines Rätselheft fröhlich und beschwingt aus dem Stiftstrakt tänzelt. Ein Blick zum Goldjungen, der sich nach übertauchtem Mittagsschläfchen quietschvergnügt und voller Elan in die vorüberziehende Touristenmenge wirft, lässt mich schmunzeln. Das war heute ein Erlebnis für Groß und für Klein!